Am See, auf den Wiesen und in den Gärten wird der Grill angeschmissen. Freunde und Familien prosten sich zu. Aus den Lautsprechern tönen die Schweizer Nationalhymne und Ländlermusik, manchmal greifen Musiker in traditionellen Edelweiss-Hemden auch live in die Tasten ihrer Schwyzerörgeli. Die Stimmung ist gelöst, alle haben frei. Da und dort halten Politikerinnen und andere Prominente stolze Reden darüber, was die Schweiz alles gut gemacht hat bisher und was sie in Zukunft noch besser machen könnte. In der Nacht steigen Feuerwerke in den Himmel, es pfeift und knallt. Die Kinder erleuchten die Strassen mit ihren bunten Lampions.
Seit ich denken kann, war der 1. August für mich immer ein Tag der Freude. Der Tag, an dem die Schweiz gefeiert wird. Warum sollte ich mich da auch nicht freuen? Ich habe einen Schweizer Pass, ich bin hier aufgewachsen, genauso wie meine Eltern und Grosseltern. Die Schweiz war immer gut zu mir, hat zu mir geschaut. Auch im Ausland: Meine Schweizer Versicherung bezahlte mir meinen Spitalaufenthalt in Kambodscha und das verlorene Handy in Brasilien. Die Schweiz ist mein Land, und ich kann mich auf sie verlassen. Ein gutes Gefühl.
Ein Gefühl, dass Millionen Menschen auf dieser Welt nicht kennen. Denn offiziell ist kein Staat für sie verantwortlich. Sie haben keinen Pass, keine Papiere, oft nicht einmal eine Geburtsurkunde und somit keinerlei Beweise, dass sie einer bestimmten Nationalität angehören.
Staatenlose sind faktisch unsichtbar.
In vielen Staaten haben sie auch keinerlei Rechte. Sie dürfen oft nicht zur Schule. Können nicht zum Arzt, wenn sie krank sind. Nicht reisen, keine Versicherung abschliessen, keine Wohnung mieten oder einen Arbeitsvertrag unterschreiben. Das treibt sie automatisch in die Illegalität. Und noch schlimmer: Kein Staat beschützt sie. Damit sind Staatenlose oft der Willkür von anderen Personen ausgesetzt, werden vertrieben und misshandelt.
Was muss das für ein Gefühl sein für einen Menschen, der in einem Land lebt, dass ihn nicht anerkennt? Für das er eigentlich gar nicht existiert? Und zu wissen, dass seine Regierung nicht für seine Sicherheit sorgt?
Es ist nicht akzeptabel, staatenlos zu sein. Jeder Mensch auf dieser Welt hat das Recht, von mindestens einer Regierung anerkannt zu werden und alle nötigen Papiere dafür zu besitzen. So kann er ein würdiges Leben führen,
sagt Anja Klug, die Leiterin des UNHCR Büros für die Schweiz und Liechtenstein.
UNHCR, die UN-Flüchtlingsorganisation, setzt sich für Staatenlose ein. Mit der Kampagne #IBelong macht sie seit fast 10 Jahren auf das Schicksal von Betroffenen aufmerksam, rund um den Globus. Und Sie können aktiv dabei mithelfen, dass Staatenlosigkeit bald der Vergangenheit angehört.
Dass UNHCR etwas bewirken kann, zeigt das Beispiel von Valentin aus Nord-Mazedonien. 12 Jahre lang hat er dafür gekämpft, aus der Illegalität zu kommen. UNHCR hat ihn dabei unterstützt, und nun kann der junge Mann optimistisch in die Zukunft blicken. Und freut sich jetzt vielleicht auch, wenn er für sein Land die Hymne singen und Feuerwerk zünden kann.
Miriam Knecht, Public & Media Relations Coordinator, Switzerland for UNHCR