[Foto von K. R. Saillet]
Eines der Ziele hinter der Gründung der Schweizer Stiftung für UNHCR, Switzerland for UNHCR, ist es, in der Schweiz das Bewusstsein für die Notlage entwurzelter Menschen zu erhöhen. Die Stiftung feiert nun ihr einjähriges Bestehen, und obwohl es wenig zu feiern gibt, ist eine Möglichkeit, diesen Anlass zu begehen, der Start einer Artikelserie, in der lokale Akteure vorgestellt werden, die sich für Flüchtlinge engagieren: die Engagierten. Dies ist der erste in einer Reihe von Artikeln, mit denen wir die wichtige Arbeit lokaler Organisationen und Einzelpersonen hervorheben wollen.
Die Anouk Stiftung hat 2008 eine Methode von therapeutischen Fresken entwickelt, um die Umgebung und das Wohlbefinden in Krankenhäusern und spezialisierten Einrichtungen zu verbessern. In der Tat bieten diese offiziellen Gebäude oft eine etwas zu sterile Umgebung. Mit dem Pinsel in der Hand strebt die Stiftung danach, sie einladender zu gestalten. Nach dem die von der Stiftung beauftragten Künstler Hand angelegt haben, nehmen die grauen Wände Farbe an, erzählen Geschichten und verwandeln den Raum komplett. Wir haben mit Vanessa von Richter, Co-Direktorin, und Marina Duroux, Projektmanagerin, vom Hauptsitz der Stiftung in Genf gesprochen, um mehr über die Auswirkungen ihrer Aktivitäten, insbesondere für Flüchtlinge, und über ihre zukünftigen Projekte zu erfahren.
Erzählen Sie uns etwas über die Anouk Stiftung und ihre Aktivitäten in der Schweiz im Besonderen.
Vanessa: Die Anouk Stiftung hat über 220 Projekte durchgeführt, vor allem in psychiatrischen Einrichtungen, Krankenhäusern und Migrantenunterkünften. Insbesondere in Bezug auf letzteres haben wir insgesamt 7 Projekte in Migrantenwohnheimen durchgeführt.
Wie gehen Sie an solche Projekte heran?
Vanessa: Mittlerweile sind es oft die Institutionen selbst, die uns kontaktieren. Ab dann geht es darum, ein Projekt zu entwickeln, das spezifische Bedürfnisse erfüllt, wie z. B. das Gefühl der Isolation zu verringern, die allgemeine Atmosphäre zu verbessern und so ein Fenster für Hoffnung und Träume zu öffnen.
Unser Ansatz konzentriert sich in erster Linie auf vier Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs):
Jedes Projekt beginnt mit dem Austausch zwischen den Malern, und den Sozialarbeitern und Bewohnern, die die betreffenden Einrichtungen bewohnen, so dass das Endprodukt die Frucht einer wahrhaften Zusammenarbeit ist, im Einklang mit der SDG 17, das kooperative Ansätze zur Erreichung derselben Ziele fördert.
Darüber hinaus haben alle unsere Projekte zum Ziel, Menschen zu befähigen, ein gesundes Leben zu führen und das Wohlbefinden in jedem Alter zu fördern (SDG 3), sicherzustellen, dass Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig sind (SDG 11), sowie die Förderung von Bildung durch die Sicherstellung günstiger Lernbedingungen für alle (SDG 4).
Marina: Schliesslich decken die in den verschiedenen Projekten behandelten Themen ein breiteres Spektrum an Fragestellungen ab, die auch mit anderen SDGs verknüpft werden können, wie z. B. Geschlechtergleichstellung oder Klimaengagement.
Wie werden die Künstler in Ihre Projekte eingebunden?
Vanessa: Unsere Künstler erhalten eine Weiterbildung, die sowohl die künstlerischen als auch die psychologischen Aspekte ihrer Arbeit einbezieht. Die Arbeit mit schutzbedürftigen Menschen erfordert ein hohes Mass an Engagement und kann Personen nicht ohne entsprechende Vorbereitung anvertraut werden. Diese multidisziplinäre Ausbildung garantiert eine fruchtbare Kooperation mit allen Mitarbeitern in den Einrichtungen. Die Gemälde basieren auf Co-Kreation. Alle freuen sich über die Teilnahme an Projekten, die eine so grosse Wirkung auf die Menschen haben, die sie betreffen. Da einer unserer Hauptkünstler selbst ein Flüchtling war, sind diese Projekte zur Verschönerung der Orte, an denen auch er aufgenommen wurde, eine Möglichkeit für ihn, den Kreis zu schliessen.
Welches Projekt hat bei Ihnen den grössten Eindruck hinterlassen?
Vanessa: Das erste Projekt, das in einem Migrantenzentrum stattfand, war 2016 im Zentrum Tattes in Vernier, dem grössten Migrantenzentrum der Schweiz. Die Transformation war radikal - kahle Wände wurden durch Farbe ersetzt. Diese Veränderung - die unbedeutend erscheinen mag - hat die Atmosphäre des Ortes tiefgreifend verändert. Es ist der Beweis dafür, dass man in einer fremden, sterilen und kalten Umgebung nur wenige, gut eingesetzte Mittel braucht, um einen Ort einladend, anregend und beruhigend zu gestalten - und damit eine ganz andere Beziehung zum Raum zu erzeugen, die sich in den täglichen Interaktionen bemerkbar macht.
Was sind Ihre nächsten Projekte?
Vanessa: Wir haben eine Menge Projekte vor uns. Mit der COVID-19-Pandemie haben wir viele Anfragen für Projekte in Altersheimen und psychiatrischen Zentren bekommen - wo viele Menschen an Isolation leiden. Wir wollen noch mehr auf lokaler Ebene agieren und mit anderen Organisationen zusammenarbeiten, wie zum Beispiel Switzerland for UNHCR.
Zum Schluss: Warum dieses Engagement?
Marina: Kunst ermöglicht es uns, Brücken zwischen verschiedenen Gruppen in unseren Gemeinschaften zu schlagen, um besser zusammenzuleben. Es ist auch wichtig für uns zu zeigen, dass wir durch Engagements wie dieses wesentliche Verbindungen zwischen der Aufnahmegesellschaft und Flüchtlingen und Migranten, die oft ein Synonym für Angst und Ablehnung sind, schaffen und stärken. So zielen unsere Projekte darauf ab, Menschen zusammenzubringen, Barrieren und Vorurteile zu überwinden.
Vanessa: Das Interfakultäre Zentrum für Affektive Wissenschaften der Universität Genf (CISA) wird eine Studie über den Einfluss der visuellen Umgebung auf unsere Emotionen durchführen. Die Gemälde, die in den Genfer Universitätskliniken (HUG) gemacht wurden, werden Gegenstand dieser Studie sein. Dieses erneute Interesse daran, wie unsere Umgebung unsere psychische Gesundheit und unser Wohlbefinden beeinflusst, ist ermutigend für unsere Arbeit und motiviert uns, in Zukunft noch mehr Orte zu verschönern und umzugestalten.
Die Rückmeldungen der Menschen, die die durch Anouks Fresken verwandelten Orte nutzen, spricht für die Wirkung der Gemälde auf die Lebensbedingungen der Bewohner und Mitarbeiter. In der Tat erkennt die überwiegende Mehrheit den Nutzen unserer therapeutischen Wandbilder für die allgemeine Atmosphäre und das Gemeinschaftsleben.