Fr., 20.08.2021 - 07:00

Bilder von Menschenmassen auf der Rollbahn des Flughafens von Kabul, die verzweifelt versuchen, Afghanistan zu verlassen, wurden auf der ganzen Welt gesehen. Nach 20 Jahren Konflikt und einem Jahr, das von einem Wiederaufflammen der Kämpfe geprägt war, haben die Taliban die Macht übernommen. Vor dem Hintergrund der sich rapide verschlechternden Sicherheits- und Menschenrechtslage hat UNHCR, die UN-Flüchtlingsorganisation, die Staaten aufgefordert, keine afghanischen Staatsbürger mehr nach Afghanistan abzuschieben. 

Eine rasante Entwicklung

Am 27. Juli berichteten wir in einem Artikel über die besorgniserregenden Entwicklungen in Afghanistan aufgrund von Unsicherheit und Konflikt.  Weniger als einen Monat später hat sich die Lage dramatisch verschlechtert, und damit auch die Lage von fast 40 Millionen Afghanen und Afghaninnen. Wir sprachen von 270.000 Binnenflüchtlingen seit Januar, jetzt sind es mehr als 550.000. Darüber hinaus sind über 80% der Vertriebenen in dieser humanitären Notsituation Frauen und Kinder. 

Die Lage ist nach wie vor unbeständig und unsicher, und es besteht grosse Besorgnis über die Gefahr weiterer Menschenrechtsverletzungen an der Zivilbevölkerung, insbesondere an Frauen und Kindern. Ausserdem leben Tausende von Menschen, die mit der inzwischen gestürzten Regierung oder Armee in Verbindung standen, in Angst vor Repressalien.

Vor Ort stockt UNHCR seine Vorräte an Hilfsgütern auf, um auf alle Entwicklungen in der Krise, die die Versorgungskette unterbrechen könnten, reagieren zu können.  UNHCR und seine Partner sind in höchster Alarmbereitschaft, und die Situation wird aufmerksam beobachtet.

Da sich die Situation verschlimmert und kein Ende in Sicht ist, sind wir dringend auf die Unterstützung der Schweizer Bevölkerung angewiesen, um den Bedürftigen weiterhin Hilfe leisten zu können.  

©UNHCR/Hossein Eidizadeh
©UNHCR/Hossein Eidizadeh

UNHCR in Afghanistan

UNHCR, die UN-Flüchtlingsorganisation, ist seit über 40 Jahren in Afghanistan und den Nachbarländern tätig und unterstützt Menschen, die zur Flucht gezwungen sind, mit Unterkünften, Gesundheits- und Grundversorgungsartikeln, Nahrungsmitteln und Bargeldhilfe. Heute sind UNHCR und seine Partner weiterhin vor Ort und leisten der afghanischen Bevölkerung lebenswichtige Hilfe. Etwa 200 UNHCR-Mitarbeiter und mehr als 220 Programme im ganzen Land unterstützen die Menschen, die alles zurücklassen mussten. Solange der Zugang zu den Menschen in Not möglich ist und die Teams und Partner sicher sind, wird UNHCR vor Ort bleiben.

Die meisten Vertreibungen im Jahr 2021 waren Binnenvertreibungen, bei denen afghanische Zivilisten und Zivilistinnen gezwungen wurden, aus ihren Häusern zu fliehen und in anderen Teilen des Landes Zuflucht zu suchen.  Ausserhalb Afghanistans nehmen der Iran und Pakistan seit mehreren Jahren fast 90% der vertriebenen Afghanen und Afghaninnen auf. Dadurch sind insgesamt mehr als zwei Millionen afghanische Flüchtlinge in diesen beiden Ländern registriert und haben so Zugang zum Gesundheits- und Bildungssystem.

Über die Grenzen Afghanistans hinaus fordert UNHCR alle Länder auf, die Abschiebung von afghanischen Staatsangehörigen und Asylbewerbern, deren Asylanträge abgelehnt wurden, zu stoppen. Die Situation vor Ort ermöglicht keine sichere Rückkehr dieser Menschen, und die Staaten sind aufgerufen, in diesem heiklen Moment den Grundsatz der Nichtzurückweisung kompromisslos einzuhalten.

« Die Staaten sind rechtlich und moralisch verpflichtet, Menschen, die aus Afghanistan geflohen sind, Zugang zu ihrem Hoheitsgebiet zu gewähren und Flüchtlinge nicht auszuweisen. »

verkündigte UNHCR-Sprecherin Shabia Mantoo.

UNHCR hat zwei Seiten zur Verfügung gestellt, um mehr über die Situation vor Ort und dessen Entwicklung zu erfahren:

  • Afghanistan Situation Portal: für aktuelle Informationen über die allgemeine Situation, einschliesslich UNHCR-Lageberichte, Finanzierungsbedarf und UNHCR-Unterstützung für Nachbarländer, die Flüchtlinge aus Afghanistan aufnehmen.

  • Afghanistan Operations Portal: für die neuesten Informationen über die Hilfsmassnahmen von UNHCR zum Schutz von Binnenvertriebenen in Afghanistan.