Fr., 13.08.2021 - 12:00

Seit dem Ausbruch der Gewalt in der äthiopischen Region Tigray im November letzten Jahres ist die Situation für die vom Konflikt Betroffenen immer dramatischer geworden. Im Januar waren es schon 56.000 äthiopische Flüchtlinge, die in den Sudan geflohen waren. Heute sind es mehr als 120.000 Menschen, und schätzungsweise 2 Millionen Binnenflüchtlinge.

Ein wachsender Konflikt

In den vergangenen neun Monaten ist die Tigray Region immer wieder zum Schauplatz von Zusammenstössen zwischen verschiedenen bewaffneten Gruppen geworden. Der Konflikt, der zunächst nur auf die Region Tigray beschränkt war, weitet sich aus und zwingt immer mehr Äthiopier zur Flucht. Infolgedessen mussten immer mehr Zivilisten aus den benachbarten Regionen Afar und Amhara in Sicherheit fliehen. Die meisten von ihnen haben im Land selbst Zuflucht gesucht, während andere die Grenze zum Sudan überquert haben.

Schätzungen zufolge sind inzwischen fast zwei Millionen Menschen innerhalb des Landes vertrieben worden. Hunderttausende von ihnen, haben in den Hauptstädten der Region Zuflucht gefunden. Einige werden von den lokalen Gemeinschaften aufgenommen, während andere in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen unterkommen, die mittlerweile überfüllt sind.

Der andauernde Konflikt droht weitere Familien und dehnt sich auf ein immer grösseres Gebiet aus. Die Sicherheitslage erschwert auch die Arbeit von UNHCR, der UN-Flüchtlingsorganisation, und seinen Partnern. Viele Versorgungswege wurden durch die Kämpfe zerstört oder unbrauchbar gemacht. Dadurch kommt es in den Lagern zu Mangel an Lebensmitteln, Medikamenten, Unterkünften und anderen überlebenswichtigen Hilfsgütern.

Tausende von Binnenflüchtlingen finden Zuflucht in öffentlichen Einrichtungen wie hier in Adi Kentibay. ©UNHCR/Hanna Qassis
Tausende von Binnenflüchtlingen finden Zuflucht in öffentlichen Einrichtungen wie hier in Adi Kentibay. ©UNHCR/Hanna Qassis

Eine Flüchtlingsbevölkerung in grosser Gefahr

Die Sicherheitslage im Norden des Landes ist umso besorgniserregender angesichts der fast 100.000 eritreischen Flüchtlinge, die vor dem Konflikt in der Tigray Region Zuflucht gefunden hatten. Zwei der vier vom UNHCR betriebenen Lager in der Region wurden vollständig geplündert und zerstört, so dass Tausende Flüchtlinge erneut zur Flucht gezwungen wurden.

Nächtliche Angriffe auf die Flüchtlingslager prägen weiterhin den Alltag von Tausenden Eritreern, die in ständiger Angst leben. Es gibt zahlreiche Berichte über willkürliche Verhaftungen, Entführungen, Einschüchterungen und Repressalien gegen eritreische Flüchtlinge, die als Unterstützer bewaffneter Gruppen gelten.

Diese Situation, die Tausende von eritreischen Flüchtlingen obdachlos und ohne Ressourcen zurücklässt, droht sich zu einer Nahrungsmittelkrise auszuweiten. UNHCR hat wieder Zugang zu den beiden verbleibenden eritreischen Flüchtlingslagern gefunden und ist dabei, zwei Notlager einzurichten, um diejenigen aufzunehmen, die ihr zu Hause verloren haben.

Tausende von eritreischen Flüchtlingen mussten nach der Zerstörung ihres Camps eine neue Unterkunft finden. ©UNHCR/Hanna Qassis
Tausende von eritreischen Flüchtlingen mussten nach der Zerstörung ihres Camps eine neue Unterkunft finden. ©UNHCR/Hanna Qassis
"UNHCR fordert alle Parteien und Akteure auf, nicht nur ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, einschliesslich des Schutzes der Zivilbevölkerung, sondern auch damit aufzuhören, Flüchtlinge für politische Zwecke zu missbrauchen und zu manipulieren. Unser gemeinsames Ziel muss es stattdessen sein, ihren Schutz - auch vor Gewalt, Verhaftung und Entführung - zu gewährleisten und die ihnen gewährte Unterstützung zu verstärken. "

sagte Filippo Grandi, UN-Hochkommissar für Flüchtlinge.
 
UNHCR verstärkt seine Reaktion sowohl durch die Bereitstellung von Hilfsgütern als auch durch die Entsendung von zusätzlichem erfahrenem Personal. Die Intensität und das Ausmass der Vertreibung belasten jedoch die Fähigkeit von UNHCR und seinen Partnern, den zur Flucht gezwungenen Menschen in der Region die notwendige Hilfe zukommen zu lassen. Der Hochkommissar betont den Ernst der Lage:

"Es ist dringend erforderlich, dass alle beteiligten Parteien den Schutz der Zivilbevölkerung, einschliesslich der eritreischen Flüchtlinge, gewährleisten und ihre Bemühungen zur Erleichterung humanitärer Hilfsmassnahmen verstärken."