Zwei wichtige Jahrestage kennzeichnen diesen Monat März, aber wir würden am liebsten keiner der beiden gedenken müssen. Erstens ist es nun 10 Jahre her, dass Syrien in der grössten humanitären Krise des Jahrhunderts versunken ist. Zweitens markiert der März 2021 auch den ersten Jahrestag der Schweizerischen Stiftung für UNHCR, Switzerland for UNHCR, die gegründet wurde, um dem wachsenden Bedarf an Finanzmitteln für die Aktivitäten des UNHCR, die UN-Flüchtlingsorganisation, nachzukommen und das Bewusstsein für das Thema Flüchtlinge und andere zur Flucht gezwungene Menschen zu stärken. Wir sollten uns daran erinnern, dass UNHCR eine Organisation ist, die drei Jahre nach ihrer Gründung im Jahr 1950 hätte aufhören sollen zu existieren. Es ist also ein Jubiläum, das schwer auf uns liegt.
Für die große Mehrheit der syrischen Flüchtlinge hat sich die Situation im Laufe des Jahrzehnts nicht verbessert - und die COVID-19-Pandemie hat einen Grossteil der Fortschritte der letzten Jahre zunichte gemacht. Mehr als die Hälfte der syrischen Bevölkerung ist aufgrund des brutalen Konflikts in Syrien zur Flucht gezwungen worden. Heute sind es 13 Millionen Menschen, die alles hinter sich gelassen haben, um zu überleben. 13 Millionen Menschen, deren Vergangenheit zerbrochen ist, für die die Gegenwart nun schwierig und die Zukunft ungewiss ist.
Einige Flüchtlinge kamen mit Ersparnissen an - aber was als vorübergehende Situation erschien, dauert nun schon 10 Jahre an. Viele syrische Flüchtlinge sind nun verschuldet und haben keine Einnahmequelle. Ihre prekäre Situation macht sie von humanitärer Hilfe abhängig, und die Pandemie hat die Branchen, die die Quelle des bescheidenen Einkommens waren, das sich einige über Jahre hinweg gesichert hatten, hart getroffen.
Die heutige Lage ist alarmierend: 5,5 Millionen syrische Flüchtlinge leben in Nachbarländern und sind mit der Pandemie, harten Winterkonditionen und zunehmend instabilen wirtschaftlichen Bedingungen konfrontiert. Der Libanon zum Beispiel hat in nur einem Jahr eine Inflationsrate von 175 % erlebt, und 90 % der sich dort aufhaltenden syrischen Flüchtlinge leben heute in extremer Armut.
Das Ende der Kämpfe auf syrischem Grund und Boden hat zu einer Verringerung der Medienberichterstattung über die Situation der Flüchtlinge geführt, aber nicht zu einem Ende ihres Leidens. Dies ist ein trügerischer Effekt, da er dazu führt, dass die Herausforderungen, mit denen Millionen von Syrerinnen und Syrer konfrontiert sind, in den Hintergrund gedrängt werden, obwohl es sich auch nach zehn Jahren noch immer um eine beispiellose humanitäre Notlage handelt. UNHCR unterstützt weiterhin Flüchtlinge und Binnenvertriebene vor Ort, was jedoch nur mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft und der Grosszügigkeit von Spenderinnen und Spender in aller Welt möglich ist.
Ausserdem ist fast die Hälfte der Flüchtlinge unter 18 Jahre alt, und die Pandemie hat die Schwierigkeit, eine reguläre Ausbildung zu verfolgen, noch verschärft. Es geht also nicht nur um die Gegenwart einer verletzlichen Bevölkerung, sondern um das Schicksal einer ganzen Generation. Eine Generation, deren Hoffnungen und Träume durch den Konflikt brutal unterbrochen wurden, und deren Wiederaufnahme eines normalen Lebens auch zehn Jahre später noch in weiter Ferne scheint.