Eines der Ziele der Gründung der Schweizer Stiftung für UNHCR, Switzerland for UNHCR, ist es, in der Schweiz das Bewusstsein für die Notlage entwurzelter Menschen zu schärfen. Die Stiftung feierte vor ein paar Monaten ihr einjähriges Jubiläum, und obwohl es wenig zu feiern gibt, ist eine Möglichkeit, diesen Anlass zu begehen, der Start einer Artikelserie, in der lokale Akteure vorgestellt werden, die sich für Flüchtlinge einsetzen: Die Engagierten. Für unseren dritten Artikel haben wir Keyvan Ghavami, Mitbegründer und Geschäftsführer der Act on Your Future Stiftung, getroffen.
Act On Your Future
Stellen Sie uns zunächst einmal Act On Your Future vor:
Act On Your Future ist eine als gemeinnützig anerkannte Stiftung, die 2014 in Genf mit zwei Freunden, Romain de Planta und Léna Menge, gegründet wurde. Das Ziel der Stiftung ist es, verschiedene Akteure in der Gesellschaft - die jüngeren Generationen und unser Umfeld - für die Menschenrechte zu mobilisieren, sowie das Bewusstsein zu diesem Thema zu schärfen, indem lokale, konkrete und innovative Projekte vorgeschlagen werden.
Wir wollten eine Struktur schaffen, die uns ähnelt, unabhängig ist und auch in der Zeit verankert ist, daher die Wahl einer Stiftung. Dies ermöglicht uns, uns auf unserer eigenen Ebene zu engagieren, eine eigene Kommunikationsplattform zu haben und mit Partnern und renommierten Akteuren aus der Region zusammenzuarbeiten.
Die Arbeit der Stiftung ergänzt das grosse Netzwerk von Akteuren, das in Genf und der Schweiz bereits vorhanden ist. UNHCR und Hospice Général zum Beispiel leisten grossartige Arbeit auf globaler und lokaler Ebene, und wir wollten ihre Bemühungen ergänzen, ein breiteres Publikum erreichen und aktuelle Menschenrechts- und Asylthemen für jedermann greifbarer machen.
Was sind die Projekte der Stiftung ?
Die Aktivitäten von Act On Your Future bestehen hauptsächlich aus drei Projekten.
Jedes Jahr organisieren wir in Zusammenarbeit mit Privatschulen in der Region Genf, einen Wettbewerb, bei dem die Schüler eine Abschlussarbeit zum Thema Menschenrechte schreiben können. Die Gewinner dieses Wettbewerbs erhalten ein Berufspraktikum bei Human Right Watch, einer renommierten NGO, die in diesem Bereich tätig ist.
Ausserdem vergeben wir den Menschenrechts-Fotopreis. Dieser Wettbewerb findet jedes Jahr statt und steht Studierenden und jungen Absolventinnen und Absolventen renommierter europäischer Kunstschulen offen, die eingeladen sind, eine Arbeit einzureichen, die sich mit einem Menschenrechtsthema beschäftigt. Die Partnerschulen sind: ECAL, HEAD-Genf, École nationale supérieure de la photographie d'Arles, Royal College of Art in London, HGB in Leipzig und die Aalto Universität. Ziel ist es, das öffentliche Bewusstsein für aktuelle soziale und politische Themen zu schärfen, insbesondere im Zusammenhang mit der Migrationskrise, durch die Kraft des Bildes als Träger der Veränderung. Jungen Künstlern die Chance zu geben, an diesem Projekt teilzunehmen, erlaubt ihnen nicht nur, ihre Talente auszuüben, sondern auch ein anderes und breiteres Publikum zu erreichen, angesichts der Transversalität dieser Kunst. Die Fotos werden dann im Centre de la Photographie Genève (CPG) ausgestellt. Die Eröffnung der Ausstellung ist auch der Anlass, einen Preis an den Gewinner zu vergeben: ein Budget von 10'000 CHF zur Umsetzung des siegreichen Projekts.
Schliesslich organisieren wir Aktivitäten zur Kulturvermittlung, darunter audiovisuelle Workshops für Flüchtlinge und Asylbewerber, die in Wohnheimen in der Westschweiz französischen Schweiz leben. Ziel ist es in erster Linie, ihnen den Erwerb neuer beruflicher Fähigkeiten zu ermöglichen, aber auch denen eine Stimme zu geben, die als erste von Migrationsgeschichten betroffen sind: den Exilanten. Es ist eine Notwendigkeit, ihnen die Mittel bereitzustellen, um ihre Erfahrungen und Erlebnisse in ihren eigenen Worten zu erzählen. Dies trägt dazu bei, den Diskurs und die Art und Weise zu verändern, wie Menschen Migrationsfragen betrachten. Als Folge dieser Workshops haben Flüchtlinge in Zusammenarbeit mit Fachleuten aus der Region eine Reihe von Kurzfilmen produziert, die auf dem FIFDH 2018 in Genf präsentiert wurden. Ausserdem produzierten wir ein Fotobuch mit jungen unbegleiteten Minderjährigen aus dem Centre Étoile-La Praille, wobei wir die Fotografie, wiederum als universelle Sprache, nutzten, um einen anderen Blick auf ihre Aufnahmebedingungen zu werfen und so ihre Integration zu erleichtern.
Warum diese Form des Engagements?
Bilder füllen eine gewisse Leere. Sie gehen über Sprachbarrieren und Staatsgrenzen hinweg. Das Bild als Träger einer Botschaft ist ein extrem mächtiges Kommunikationsmittel. Das Bild, das wir zum Beispiel von internationalen Organisationen in Genf haben, ist je nach Person verschieden und sehr abwechslungsreich: ihre Aktivitäten sind sehr weit entfernt der Sorgen der Genfer und Genferinnen, oder ihre Themen sind zu kompliziert zu lösen. Das erweckt ein bisschen den Eindruck, dass es eine Art Spaltung gibt zwischen denen, die sich engagieren, und diejenigen, dessen Beruf es ist. Durch Bilder können wir das Thema allgemein verständlich machen und die Öffentlichkeit durch Emotionen dazu bringen, sich betroffen zu fühlen und die verschiedenen Möglichkeiten zum Handeln zu erkennen. Durch seine Sensibilität und seinen Blick nutzt der Künstler seine eigene Sprache, um eine starke Botschaft zu vermitteln, manchmal eine harte, oft eine hoffnungsvolle Botschaft.
Dies ist auch der Ausgangspunkt für das Fotoprojekt mit unbegleiteten Minderjährigen. Im Grunde genommen ist das erste, was all diese jungen Leute haben, ein Mobiltelefon. Die Verwendung dieses Geräts ermöglicht es ihnen, ihre Geschichte durch Kommunikationsmittel zu erzählen, die sie bereits kennen und die wir alle verwenden.
Erzählen Sie uns von Ihrem Engagement in der Stiftung
Meine Erfahrung als Praktikant bei Human Right Watch im Alter von 23 Jahren, wo ich die erstaunliche Arbeit dieser NGO kennenlernen konnte, war entscheidend. Zu sehen, wie Menschen buchstäblich ihr Leben für diese Sache riskieren, inspirierte mich, mich zu engagieren. Es war mir wichtig, diese grossen Themen zurück in die Schweiz zu bringen, in ein privilegiertes Umfeld, in dem wir uns manchmal von diesen Themen abgekoppelt fühlen. Ich wollte nicht warten, bis ich 45 oder 60 bin, bis ich ein erfolgreicher Profi bin, um mich zu engagieren und etwas auf meinem Niveau zu tun.
Warum engagieren Sie sich?
Dies sind wesentliche Themen, zu wesentlich, um sich nicht damit zu beschäftigen. Es ist zu einfach zu sagen, dass es nur weit weg von zu Hause passiert, dass es uns nicht direkt betrifft, zu sagen, dass Flüchtlinge nur im Libanon, in Bangladesch oder in anderen Ländern in Afrika sind und dass es keine lokale Realität ist, kein Thema, dass uns betrifft. Es ist wichtig, diese zentrale Frage auf den Tisch zu bringen, denn in gewisser Weise sind wir auch für ihre Situation im Hinblick auf die Nord-Süd-Beziehungen verantwortlich, aber vor allem sind wir verantwortlich für die Antworten, die wir im Rahmen unserer Möglichkeiten auf diese Situation geben. Wenn es nicht an uns liegt, ein Beispiel zu geben, Verantwortung zu übernehmen, wessen Verantwortung ist es dann? Es ist eine langfristige Aufgabe, und es ist notwendig, die lokalen und globalen Ansätze vieler Akteure zu kombinieren, um sie zu erreichen.
Auch auf persönlicher Ebene habe ich es immer genossen und das Bedürfnis verspürt, Menschen um mich herum zu Themen zu mobilisieren, die mir am Herzen liegen. Wenn im Zentrum des Engagements die Sache steht, für die man sich einsetzt, ist es ebenso wichtig, dass das Engagement und die Form des Engagements einem selbst entsprechen. Wir denken, dass, wenn es für uns offensichtlich ist, es auch für andere offensichtlich sein wird, aber das ist nicht immer der Fall. Durch den Versuch, andere zu überzeugen, werden wir manchmal demoralisiert und zum zweifeln gebracht. Aber wenn man solide Projekte mit originellen Ansätzen durchführt, wenn man verschiedene Akteure in der lokalen Gesellschaft mobilisiert, ist es eine persönliche Befriedigung, das Potenzial dieser Mobilisierung um sich herum zu sehen.
Haben Sie einen Rat für diejenigen, die sich engagieren wollen?
Engagement kann verschiedene Formen annehmen, es gibt nicht die eine Art, es zu tun. Engagement geht von einem selbst aus, es muss also dem Menschen entsprechen, der sich engagiert, seinen Prinzipien und Werten, und seinen Interessen. Es gibt viele Themen, für die es sich lohnt, dass man sich mit ihnen beschäftigt, egal ob sie klein oder gross, lokal oder global sind. Das Engagement sollte früh beginnen und nicht an einem Mangel an finanziellen Mitteln scheitern. Ich möchte zeigen, dass wir alle etwas zu sagen haben und dass wir alle handeln können, um etwas zu verändern und einen Unterschied zu machen.