Do., 01.08.2024 - 06:36

Am 1. August feiert die Schweiz sich selbst. Wie jedes Jahr an diesem Tag holen die Schweizerinnen und Schweizer ihre Nationalflaggen und roten T-Shirts mit dem weissen Kreuz darauf hervor, es werden Feuerwerke gezündet, Reden gehalten und zu traditioneller Musik getanzt. Die Schweiz besinnt sich auf ihre Geschichte, ihre Errungenschaften, ihre Herausforderungen und Ziele. Es ist ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das alle in diesem Land verbindet. 

Alle? 

Wie ist es als Flüchtling am Nationalfeiertag in der Schweiz? Feiern Flüchtlinge den grossen Tag ihres Gastlandes mit oder denken sie vielmehr mit Wehmut an ihre Heimat…? 

Wir haben das vier Menschen gefragt, die als Flüchtlinge in die Schweiz gekommen sind: 

Hasan Balid 

Hasan flüchtete 2013 vor dem Bürgerkrieg in Syrien nach Türkiye und kam dann 2015 in die Schweiz. Er war mit einer Schweizerin verheiratet und arbeitet beim Schweizerischen Roten Kreuz als Betreuer. Er hilft zudem Menschen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, zurück auf den Arbeitsmarkt.  

Wie fühlst du dich am 1. August, am Nationalfeiertag in der Schweiz? 

Dieser Tag bedeutet mir sehr viel, da mir die Schweiz viel bedeutet. Ich habe meine Freiheit gefunden in diesem Land. 

Feierst du persönlich den 1. August und wie? 

Meine Ex-Frau kommt ursprünglich aus Wimmis im Kanton Bern. Wir haben dort immer alle Feiertage verbracht. Am 1. August sind wir jeweils mit Freunden aus dem Dorf in eine Hütte gegangen zum Übernachten. Wir haben Holz gesammelt und am Abend ein Feuer angezündet und das Feuerwerk geschaut. Dazu natürlich grilliert und Zopf, Schoggikuchen und Tiramisu gegessen. Das erste Mal war es für mich überraschend, wie viele Leute an den Feierlichkeiten zum 1. August teilnehmen.  

Liebe Schweiz, Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass du den Menschen, die stolz auf dich sind und dich aus vollem Herzen lieben.

Wann ist der Nationalfeiertag in Syrien und feierst du diesen noch? 

Das ist der 17. April. Ich weiss aber nicht, wie er gefeiert wird. Ich habe ihn nie gefeiert, nicht in Syrien und hier auch nicht.  

Was möchtest du den Schweizerinnen und Schweizern an ihrem Nationalfeiertag sagen? 

Liebe Schweiz 

Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass du den Menschen, die stolz auf dich sind und dich aus vollem Herzen lieben, auch in Zukunft eine sichere Heimat bieten kannst. Ich wünsche dir, dass du gesund bleibst, deine Natur weiter blühen darf und du so weiterhin ein Paradies auf dieser Erde bleibst. 

Luna Solomon 

Luna flüchtete 2015 aus Eritrea in die Schweiz. Sie lebt in Lausanne und nimmt zur Zeit im Flüchtlingsteam an den Olympischen Spielen teil, als Sportschützin. Sie ist Mutter eines kleinen Sohnes.  

 
Wie fühlst du dich am 1. August, am Nationalfeiertag in der Schweiz? 

Gut. Ich lebe seit 9 Jahren in der Schweiz, sie ist meine zweite Heimat geworden. Mein Sohn sagt sogar schon: „Mama, ich habe zwei Länder, Eritrea und die Schweiz.“ Ich habe hier viele Dinge gelernt und viele nette Menschen getroffen. 

Feierst du persönlich den 1. August und wie? 

Jetzt bin ich ja gerade in Paris, aber in der Schweiz habe ich immer mit meinen Nachbarn zusammen gefeiert. Aber am Anfang war es nicht so einfach für mich. Erst, als ich meine Aufnahmebewilligung hatte, fühlte ich mich zugehörig. Ich konnte dann mehr mit den Schweizerinnen und Schweizern unternehmen, habe meine Sprachkenntnisse verbessert und konnte so die Kultur besser verstehen. 

Ich habe nicht viele Worte, aber ich danke mit meinem ganzen Herzen für alles, für all die Türen, die mir die Schweiz geöffnet hat.

Wann ist der Nationalfeiertag in Eritrea und feierst du diesen noch? 

Er ist am 24. Juni. Ich feiere diesen Tag immer noch, auch wenn ich mittlerweile weit weg von meinem Land bin. Ich feiere zu Hause, mit traditionellem Kaffee und Essen. Aber nicht draussen im grossen Rahmen, weil das kein einfacher Moment für mich ist.   

Was möchtest du den Schweizerinnen und Schweizern an ihrem Nationalfeiertag sagen? 

Oh, ich möchte vielen Dank sagen. Ich habe nicht viele Worte, aber ich danke mit meinem ganzen Herzen für alles, für all die Türen, die mir die Schweiz geöffnet hat. Die Schweiz ist meine zweite Heimat, ich möchte für sie arbeiten und hier mein Leben führen.   

Emirhan Darcan 

Emirhan ist ursprünglich aus Istanbul, Türkiye. Er ist Asylsuchender aus politischen Gründen und lebt im Kanton Bern. Emirhan forscht zu den Themen soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte. In seiner Arbeit hat er auch Projekte entwickelt für Flüchtlinge.  

Wie fühlst du dich am 1. August, am Nationalfeiertag in der Schweiz? 

Am 1. August empfinde ich ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit und Bewunderung für die Schweiz. Dieser Tag symbolisiert die Werte der Demokratie, der Menschenrechte und der Freiheit, die die Schweiz so hochhält - Werte, die mir sehr am Herzen liegen, vor allem in Anbetracht meiner Herkunft und der Herausforderungen, denen ich ausgesetzt war. 

Feierst du persönlich den 1. August und wie? 

Ja, ich feiere den 1. August. Ich nehme an Veranstaltungen in Bern teil, genieße das Feuerwerk und denke über die Freiheiten und Möglichkeiten nach, die die Schweiz bietet. Es ist ein Tag des Dankes und der Anerkennung für die integrative Gesellschaft, die mich und viele andere wie mich aufgenommen hat. 

An diesem besonderen Tag möchte ich der Schweizer Bevölkerung meine tiefste Dankbarkeit für ihre unermüdliche Unterstützung und Gastfreundschaft aussprechen.

 

Wann ist der Nationalfeiertag in Türkiye und feierst du diesen noch? 

Der türkische Nationalfeiertag ist am 29. Oktober. Obwohl ich die Erinnerungen und die Bedeutung dieses Tages in meinem Herzen trage, fällt es mir aufgrund meiner Erfahrungen schwer, ihn zu feiern. Ich nutze den Tag jedoch, um über die Kämpfe der Menschen, die sich in Türkiye für Freiheit und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft einsetzen, nachzudenken. Trotz des Schmerzes und der Herausforderungen bleiben meine Liebe und meine Hoffnung für Türkiye stark.  

Was möchtest du den Schweizerinnen und Schweizern an ihrem Nationalfeiertag sagen? 

An diesem besonderen Tag möchte ich der Schweizer Bevölkerung meine tiefste Dankbarkeit für ihre unermüdliche Unterstützung und Gastfreundschaft aussprechen. Ihr Engagement für Menschenrechte und Freiheit hat vielen Menschen, darunter auch mir, einen sicheren Hafen geboten. Ich ermutige sie, diese Werte auch weiterhin hochzuhalten und ein Leuchtturm der Hoffnung für diejenigen zu bleiben, die Zuflucht und einen Neuanfang suchen. Die Schweiz hat mir die Freiheit gegeben, meinen akademischen Leidenschaften nachzugehen und mich für diejenigen einzusetzen, die nicht für sich selbst sprechen können. Danke! 

Musa Suliman 

Musa ist im Sudan geboren. Er flüchtete bereits als Kind nach Ägypten und kam dann 2021 in die Schweiz. Hier entdeckte er sein Talent und seine Freude am Laufen. Zur Zeit kämpft er als Mittelstreckenläufer an den Olympischen Spielen in Paris um eine Medaille, er ist Mitglied des Flüchtlingsteams.  

Wie fühlst du dich am 1. August, am Nationalfeiertag in der Schweiz? 

Es ist immer ein spezieller Tag für mich, ich freue mich für die Schweiz.  

Feierst du persönlich den 1. August und wie? 

Ja, ich gehe immer in die Stadt, um das Feuerwerk zu schauen. Ich finde es sinnvoll, diesen Tag zu feiern, ich feiere ihn immer.  

Ich werde irgendwann einmal für die Schweiz laufen, dann kann ich ihr etwas zurückgeben.

Wann ist der Nationalfeiertag im Sudan und feierst du diesen noch? 

Es ist der 1. Juni. Im Sudan haben wir an diesem Tag jeweils viel gesungen in der Schule und dann gefeiert. Hier höre ich am Nationalfeiertag ein bisschen Musik aus meinem Land, aber sonst mache ich nichts Spezielles.  
 
Was möchtest du den Schweizerinnen und Schweizern an ihrem Nationalfeiertag sagen? 

Ich möchte mich bedanken, ich fühle mich sehr geehrt, dass ich hier sein darf. Ich werde irgendwann einmal für die Schweiz laufen, dann kann ich ihr etwas zurückgeben. Ich möchte eine Medaille für die Schweiz holen und so etwas für dieses Land machen. 

Wir wünschen allen Menschen in diesem Land einen wunderschönen ersten August, denn sie alle tragen zur Schweiz bei!