Genf, 18. Juli 2025 – Nach drastischen Kürzungen humanitärer Budgets könnten laut einem heute veröffentlichten Bericht der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR bis zu 11,6 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene in diesem Jahr ihre Unterstützung durch UNHCR verlieren. Diese Zahl entspricht etwa einem Drittel der Menschen, die UNHCR im vergangenen Jahr erreicht hat.
Der Bericht macht ein tödliches Zusammenspiel mehrerer Faktoren deutlich, das Millionen von Flüchtlingen und Vertriebenen hart trifft: Steigende Zahlen bei der Vertreibung, sinkende Hilfsgelder und politische Gleichgültigkeit. Und wie so oft sind Frauen und Kinder am stärksten betroffen.
Insgesamt werden laut der aktuellen Analyse grundlegende Hilfsprogramme im Umfang von 1,4 Milliarden US-Dollar gestrichen oder unterbrochen. Millionen von Menschen sind dadurch schlechteren Lebensbedingungen, einem höheren Risiko von Ausbeutung und Gewalt sowie möglicher weiterer Vertreibung ausgesetzt.
Hinter diesen Zahlen stehen echte Menschenleben – deren Zukunft ist ungewiss. Familien verlieren die Unterstützung, auf die sie angewiesen waren, und müssen sich zwischen Nahrung, Medikamenten oder Miete entscheiden. Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft rückt in weite Ferne. Jede Region und jeder Bereich ist betroffen – wir müssen lebensrettende Hilfe priorisieren und andere bedeutende Unterstützung aussetzen.
Die finanziellen Kürzungen haben UNHCR gezwungen, den Transfer neu ankommender Flüchtlinge aus Grenzregionen in sicherere Gebiete – etwa im Tschad und Südsudan – zu pausieren. Tausende Menschen bleiben dadurch in abgelegenen Gegenden gestrandet. In Uganda steigen die Mangelernährungsraten in einigen Aufnahmezentren rasant an, mit nur begrenztem Zugang zu sauberem Wasser und Nahrung.
Gesundheits- und Bildungsangebote werden drastisch reduziert – Schulen müssen schliessen, Kliniken sind unterbesetzt. In den Camps für Rohingya-Flüchtlinge in Bangladesch droht der Unterricht für 230.000 Kinder ausgesetzt zu werden. In Libanon droht das gesamte Gesundheitsprogramm von UNHCR bis Ende des Jahres eingestellt zu werden.
Weltweit wurden finanzielle Hilfe und die Verteilung von Hilfsgütern um 60 Prozent reduziert, während die Programme für Unterkünfte auch drastisch eingeschränkt werden. In Ländern wie Niger führen Einschnitte bei der Wohnhilfe dazu, dass Familien in überfüllten Unterkünften leben oder von Obdachlosigkeit bedroht sind. Auch in der Ukraine und den Nachbarländern, die Flüchtlinge aufgenommen haben, wurden finanzielle Unterstützungsleistungen stark gekürzt – viele vertriebene Familien können sich nun keine Miete, Lebensmittel oder medizinische Versorgung mehr leisten.
Auch Registrierung, Kinderschutz, Rechtsberatung und Schutzmassnahmen gegen geschlechtsspezifische Gewalt sind stark betroffen. Im Südsudan wurden 75 Prozent der vom UNHCR unterstützten Schutzangebote für Frauen und Mädchen beendet. Dadurch haben bis zu 80.000 geflüchtete Frauen und Mädchen, darunter auch Überlebende sexueller Gewalt, keinen Zugang zu medizinischer Versorgung, psychosozialer Betreuung, Rechtsberatung, Sachleistungen oder einkommensschaffenden Massnahmen.
Besorgniserregend ist auch, dass die Kürzungen Resettlement und die sichere und freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen einschränken. Seit Jahresbeginn sind etwa 1,9 Millionen Menschen nach Afghanistan zurückgekehrt oder wurden zwangsweise zurückgeführt – doch die finanzielle Hilfe für Rückkehrer reicht kaum für das Nötigste. Das erschwert eine stabile Wiedereingliederung erheblich.
In mehreren Länderoperationen haben gravierende Finanzierungslücken Investitionen in Digitalisierung, Stärkung der Asylsysteme und die Förderung von Regularisierungsmassnahmen beeinträchtigt. Ohne rechtlichen Status leben Flüchtlinge in Ländern wie Kolumbien, Costa Rica oder Mexiko in anhaltender Unsicherheit und wachsender Armut aufgrund des fehlenden Zugangs zum Arbeitsmarkt, wobei das Risiko von Ausbeutung ansteigt. Die finanziellen Kürzungen bedrohen die Fortschritte hin zu langfristigen Lösungen. Selbst Anreize für freiwillige Helferinnen und Helfer unter den Flüchtlingen wurden drastisch reduziert – ein Rückschlag für wichtige Versorgungsdienste und eine existenzielle Einkommensquelle für viele.
UNHCR benötigt für 2025 10,6 Milliarden US-Dollar, doch zur Jahresmitte waren nur 23 Prozent der Mittel verfügbar. Vor diesem Hintergrund konzentrieren sich unsere Teams darauf, Leben zu retten und den Menschen auf der Flucht zu schützen. Sollten zusätzliche Gelder verfügbar werden, kann UNHCR mit den vorhandenen Strukturen, Partnerschaften und der nötigen Expertise seine Hilfe rasch wieder ausweiten.
UNHCR dankt allen Geber*innen, die auch in diesen schwierigen Zeiten Unterstützung leisten und ermutigt Regierungen, Institutionen und Einzelpersonen, ihre Beiträge deutlich zu erhöhen, damit die aktuelle Finanzierungslücke geschlossen werden kann.