Mo., 30.09.2024 - 14:46

Ein Konflikt bricht aus und plötzlich müssen die Menschen Hals über Kopf ihre Heimat verlassen. Das erleben wir gerade wieder mit den Luftangriffen im Libanon. Mehr als 200‘000 Menschen suchen im Libanon nach einem neuen sicheren Ort, 100‘000 haben bereits die Grenze zu Syrien überquert - und die Zahlen steigen weiter. Diese Vertriebenen brauchen dringend Hilfe, und auch Sie können sie unterstützen. Dank Ihrer Spende kann UNHCR diesen Menschen erste, dringend benötigte Hilfe zukommen lassen: Notunterkünfte, Matratzen, Decken und anderes. UNHCR spielt eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, schnell und effizient auf Notfälle zu reagieren, nicht nur im Libanon, sondern weltweit. Die UNO-Flüchtlingsorganisation ist verantwortlich für die Koordinierung der Notfallbereitschaft, die Gewährleistung der Sicherheit unseres Personals und unserer Einsätze sowie für die Verwaltung der Versorgungskette, über die die vertriebenen Personen mit lebenswichtigen Gütern versorgt werden. Von der Bereitstellung lebensrettender Hilfsgüter in Krisenzeiten bis hin zum Schutz von Personal und Vertriebenen in gefährlichen Umgebungen deckt UNHCR somit alle dringenden Bedürfnisse von Flüchtlingen und Binnenvertriebenen effizient, präzise und schnell ab.

Wir sprachen mit Shoko Shimozawa, der UNHCR-Direktorin für Nothilfe, über ihre umfangreichen Erfahrungen vor Ort und ihre Leitung der Abteilung für Notfälle, Sicherheit und Versorgung.

Shoko, können Sie uns ein wenig über Ihre Karriere bei UNHCR erzählen?

Ich kam 1991 zu UNHCR. Mein erster Einsatz war in Mexiko, wo ich mit guatemaltekischen Flüchtlingen und haitianischen Asylbewerbenden arbeitete. Seitdem war ich in verschiedenen Ländern tätig, darunter Russland, Afghanistan und Irak, und auch am UNHCR-Hauptsitz in Genf. Während meiner gesamten Laufbahn war ich an Notfalleinsätzen beteiligt und wurde auch als Mitglied des Emergency Roster Teams (ERT) zu einem Notfall entsandt. Im Jahr 2020 wurde ich zur Direktorin für Notfälle, Sicherheit und Versorgung (DESS) ernannt.

Was sind Ihre Aufgaben als Direktorin des DESS?

Meine Abteilung ist für die Überwachung der Notfallbereitschaft und -reaktion, die Sicherheit des Personals und das Management der Versorgungskette zuständig. Wir arbeiten mit den Aussenstellen zusammen, um die Sicherheit unserer Mitarbeitenden, Partnern und den Vertriebenen zu gewährleisten. Wir verwalten die Versorgungskette und koordinieren verschiedene Aspekte der Notfallmssnahmen, einschließlich des Notfallplans und der Schulung des Personals, damit es in Notfällen einsatzbereit ist. Unsere Arbeit ist operativ und eng mit den verschiedenen Arbeitsbereichen von UNHCR verbunden, insbesondere in Notsituationen.

Wie genau reagiert UNHCR auf einen Notfall?

UNHCR verfügt über ein robustes Nothilfesystem, das eine der wichtigsten Prioritäten der Organisation ist. Wenn eine neue Notfallsituation eintritt, stellen wir im Prinzip innerhalb von 72 Stunden Personal, Ressourcen und Mittel bereit. Wir verfügen über einen Vorrat an Hilfsgütern für ca. 1 Million Menschen, der an sieben Standorten weltweit gelagert wird, so dass wir schnell reagieren können. Eine Schlüsselrolle spielt der Notfallplan, in dem sich die Mitglieder verpflichten, innerhalb von 72 Stunden für einen Einsatz zur Verfügung zu stehen. Dieses System gewährleistet, dass wir auf dringende Bedürfnisse reagieren können, sobald Notfälle eintreten.

Können Sie sich an ein denkwürdiges Erlebnis im Einsatz erinnern?

Eine Geschichte, die mir besonders in Erinnerung geblieben ist, stammt aus meiner Zeit im Irak, als der IS Teile des Landes besetzt hatte. Ich lernte einen jungen Mann und seine ältere Mutter kennen, die zuvor als Flüchtlinge aus dem Irak nach Syrien geflüchtet waren, um dann aufgrund des Konflikts in Syrien wieder in den Irak zurückkehren zu müssen. Sie zogen mehrmals um, und trotz der Entbehrungen zeigte sich die Mutter sehr dankbar für die geringe Hilfe, die sie erhielten. Sie war bereit, neu anzufangen, und wollte trotz aller Schwierigkeiten, mit denen sie selbst konfrontiert war, auch anderen helfen. Ihre Robustheit, Stärke und ihre immense Grosszügigkeit gegenüber anderen selbst in der schwierigsten Zeit haben mich tief bewegt und demütig gemacht. Wir können viel von dieser Frau lernen! 

 

Schutz und Lösung - dieser doppelte Auftrag ist der Schlüssel zu unserer täglichen Arbeit. Und Flüchtlinge können einen großen Beitrag zur Gesellschaft, in der sie leben, leisten. 

Woran messen Sie den Erfolg Ihrer Einsätze?

Erfolg bedeutet, Menschen in Sicherheit zu bringen und ihnen den Schutz zu bieten, den sie benötigen. Unsere Priorität ist es, dafür zu sorgen, dass sie nicht in Gefahr sind, ihre unmittelbaren Bedürfnisse wie Unterkunft, Nahrung und Gesundheit gedeckt sind und eine erste Unterstützung geleistet wird, die zu längerfristigen Lösungen führen könnte. Besonderes Augenmerk legen wir auf den Schutz und das Wohlergehen gefährdeter Gruppen, da es sich bei den Vertriebenen häufig um Frauen und Kinder handelt. Wir müssen auch die Sicherheit unserer Mitarbeitenden gewährleisten, damit sie ihre Arbeit an riskanten Orten fortsetzen können. In allen Situationen arbeiten wir mit unseren Partnern zusammen, damit wir gemeinsam ein Maximum an Hilfe leisten können. Wir arbeiten eng mit den nationalen Ersthelfenden vor Ort zusammen, darunter auch mit den Verantwortlichen der Gemeinden. 

Was macht UNHCR bei der Bewältigung von Notsituationen einzigartig?

Das einzigartige Mandat von UNHCR, das in der Flüchtlingskonvention von 1951 und dem dazugehörigen Protokoll von 1967 verankert ist, besteht darin, gewaltsam vertriebene und staatenlose Menschen zu schützen und langfristige Lösungen für sie zu finden. In Notsituationen tritt dies oft noch deutlicher zutage. Wir bieten nicht nur materielle Sicherheit, sondern arbeiten auch mit verschiedenen Akteuren zusammen, um ihre physische und rechtliche Sicherheit zu gewährleisten. Diejenigen, die internationale Grenzen überqueren und Asyl suchen, dürfen nicht in die Gefahr zurückgeschickt werden, sondern müssen unterstützt werden, bis sie eine dauerhafte Lösung gefunden haben. Schutz und Lösung - dieser doppelte Auftrag ist der Schlüssel zu unserer täglichen Arbeit. Und Flüchtlinge können einen großen Beitrag zur Gesellschaft, in der sie leben, leisten. Es gibt so viele wunderbare Geschichten und Beispiele, die das bezeugen. Deshalb ist es wichtig, dass wir auch in akuten Notfallsituationen diese Vision und diesen Auftrag stets vor Augen haben und versuchen, sie in unseren Massnahmen zu berücksichtigen. 

Haben Sie eine Botschaft an unsere Spenderinnen und Spender in der Schweiz?

Wir sind sehr dankbar für die Unterstützung durch Einzelpersonen und den Privatsektor. Ihre Spenden sind nicht nur ein finanzieller Beitrag, sondern auch eine klare Demonstration der Empathie und Solidarität unter Menschen. Wir müssen Notfallsituationen ernst nehmen und so gut wie möglich darauf reagieren. Ihre Unterstützung bedeutet uns sehr viel und ermutigt uns, uns weiterhin für Vertriebene in aller Welt einzusetzen.

Vielen Dank, Shoko, dass Sie Ihre Erfahrungen mit uns teilen und sich unermüdlich für eine so wirkungsvolle Mission einsetzen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Shoko Shimozawas Führungsqualitäten beispielhaft für das Engagement und die Belastbarkeit sind, die erforderlich sind, um die komplexen Notfallmassnahmen von UNHCR zu bewältigen. Ihre tiefgreifende Erfahrung und ihr Engagement für den Schutz von Vertriebenen und die Sicherheit der UNHCR-Mitarbeitenden sind inspirierend. Die Erkenntnisse, die sie mit uns teilt, unterstreichen die entscheidende Rolle, die UNHCR bei der raschen und wirksamen Reaktion auf humanitäre Notlagen in aller Welt spielt.

 

Und wir danken Ihnen, liebe Unterstützende, für Ihre Spenden. Sie ermöglichen es UNHCR, auf Notsituationen wie die im Libanon zu reagieren und Vertriebene in Sicherheit zu bringen.