Di., 21.10.2025 - 07:42

Sie trainieren in Genf, Zürich oder Lausanne. Ihr Herkunftsland ist manchmal weit weg, ihre Leidenschaft jedoch universell. Hinter ihren sportlichen Leistungen verbergen sich Geschichten von Krieg, Exil und Resilienz. Heute leben diese Flüchtlingsathleten in der Schweiz und verfolgen ihre Träume zwischen Integration und Wettkampf. Porträts von fünf inspirierenden Lebenswegen.

Badreddin Wais  Vom Krieg in Syrien zur Ruhe in Burgdorf

Wenn er sich in den Hügeln des Emmentals auf sein Fahrrad schwingt, vergisst Badreddin Wais alles.

„Das Fahrradfahren war wie eine Therapie für mich“, gesteht er.

Er wurde in Aleppo geboren und flüchtete 2014 vor dem Krieg aus Syrien, bevor er sich in der Schweiz ein neues Leben aufbaute.

Heute lebt er in Bern und das Training gehört zu seinem Alltag, selbst bei Regen trainiert er mit der gleichen Entschlossenheit, die ihn bis in das olympische Flüchtlingsteam bei den Spielen in Tokio getragen hat. Sein Ziel? Sich für die nächsten Olympischen Spiele zu qualifizieren. Doch neben den Medaillen ist es der innere Frieden, den er mit jedem Tritt in die Pedale pflegt.

Tadesse Abraham  Laufen, um sich zu integrieren

Der Name Tadesse Abraham ist Laufsportfans mittlerweile wohlbekannt. Und das aus gutem Grund: Der aus Eritrea stammende Marathonläufer wurde 2014 Schweizer Staatsbürger und hat seitdem zahlreiche Wettkämpfe gewonnen, bei denen er die Schweiz stolz auf internationaler Ebene vertreten hat.

Zuvor musste Tadesse jedoch in die Schweiz flüchten, wo er nach seiner Ankunft 2004 zunächst lange Zeit in Zürich und Uster lebte.

"Der Sport hat mir geholfen, mich gut zu integrieren. Beim Laufen spricht man nicht unbedingt die gleiche Sprache, aber man läuft zusammen", bezeugt er.

Heute nutzt er seinen Bekanntheitsgrad, um andere junge Flüchtlinge zu ermutigen, an ihr Potenzial zu glauben.

Musa Suliman  Sport als universelle Sprache

Musa Suliman stammt aus dem Sudan und musste vor der Gewalt in Darfur fliehen, bevor er in der Schweiz ankam. Zuvor hatte er in Ägypten gelebt, wo er als Teenager arbeitete, um seine Familie zu unterstützen. Als er in der Schweiz ankam, schloss er sich einem kleinen Berner Fussballverein an. Während des Trainings zog er die Aufmerksamkeit seiner Teamkollegen auf sich, woraufhin er zu einem örtlichen Laufverein eingeladen wurde, wo er bald einen Leichtathletikwettbewerb gewann.

Im Jahr 2023 wurde er für die Flüchtlingsolympiamannschaft im Hinblick auf Paris 2024 ausgewählt. Eine Anerkennung für sein Talent, aber auch für seine Entschlossenheit. Für Musa ist die Laufbahn ein Ort, an dem er sich ausdrücken kann, eine Bühne, auf der er endlich mit Stolz stehen kann.

"Nur durch das Laufen habe ich mich selbst gefunden. Der Sport hilft mir, Schwierigkeiten zu überwinden. Dank ihm konnte ich mich leichter integrieren, Deutsch lernen und andere Menschen kennenlernen", sagt er.

Luna Solomon  Ziel einer friedlichen Zukunft

Luna Solomon wuchs in einem bedrückenden Kontext in Eritrea auf, bevor sie nach Europa flüchtete und in der Schweiz Zuflucht fand. Sie hatte noch nie ein Gewehr angefasst, bevor sie den dreifachen italienischen Olympiasieger im Schiessen, Niccolò Cipriani, kennenlernte, der ihr vorschlug, seinen Sport auszuprobieren. Seitdem hat sie eine Leidenschaft für den Schiesssport entwickelt.

Sie lebt mit ihrem Sohn in Lausanne und trainiert diszipliniert einen Präzisionssport, bei dem jeder Atemzug zählt. Sie wurde für die Spiele in Tokio und Paris für das olympische Flüchtlingsteam nominiert und vertrat stolz die Vertriebenen der Welt.

"Dieser Sport hat mein Leben zum Besseren verändert. Ich bin der Schweiz sehr dankbar, dass sie mir die Türen zu dieser Sportart geöffnet hat", sagte die junge Frau.

Habtom Amaniel  Ausdauer im Exil

Der eritreische Läufer Habtom Amaniel kam 2004 nach einer langen Reise, die von Wüstendurchquerungen und Inhaftierungen geprägt war, in die Schweiz. Er hat sich im Kanton Waadt niedergelassen und im Laufen eine Form der Befreiung gefunden.

„Ich wusste, dass ich Läufer werden wollte, aber ich lebte in einem kleinen Dorf. Es gab keine Infrastruktur, keinen Verein, keinen Trainer“, erinnert sich Amaniel. „Ich lief hauptsächlich, um in die Schule zu kommen. Zehn Kilometer hin, zehn Kilometer zurück.“

2024 wurde sein Traum wahr: Er nahm an den Olympischen Spielen in Paris teil, eine Krönung nach Jahren der Anstrengung und Ausdauer. Und er hat nicht vor, hier aufzuhören.

Seine Hartnäckigkeit bleibt ungebrochen und inspiriert jeden jungen Sportler mit seinem eisernen Willen.

Foto und Zitat © Swissinfo

In der Schweiz verankerte universelle Geschichten

Ob Radfahrer, Läufer oder Scharfschütze - diese Athleten haben eines gemeinsam: Sie haben in der Schweiz nicht nur einen Trainingsort, sondern auch ein Zuhause gefunden. Ihre Lebenswege beweisen, dass das Exil nicht das Ende der Träume bedeutet, ganz im Gegenteil. Auch wenn ihre Vergangenheit manchmal schmerzhaft ist, blicken sie mit Kraft und Würde in die Zukunft.

Durch den Sport bauen sie Brücken zwischen den Kulturen, brechen Vorurteile und verkörpern das Potenzial eines jeden Menschen, unabhängig von seiner Herkunft.

Flüchtlingsathleten zu unterstützen bedeutet, an die Zukunft zu glauben

UNHCR unterstützt die Lebenswege von Flüchtlingen, insbesondere durch den Zugang zu Sport, Bildung und beruflicher Integration. Denn ein Sportplatz kann manchmal zu einem echten Sprungbrett für das Leben werden.