Essen ist oft eine der ersten Sprachen, die wir lernen – eine Sprache des Trosts, der Erinnerungen und der Zugehörigkeit. Für Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten, wird Kochen zu weit mehr als zur täglichen Versorgung. In den Küchen von Flüchtlingen auf der ganzen Welt leben wertvolle Familienrezepte weiter, geben Kraft in unsicheren Zeiten und schenken ein Gefühl von Zuhause, selbst wenn alles Vertraute weit weg scheint.
Die Festtage zum Jahresende sind eine Zeit, in der viele von uns mit ihren Liebsten zusammenkommen, auf das vergangene Jahr zurückblicken und Mahlzeiten teilen, die mit Sorgfalt zubereitet wurden. In diesem Sinne vereint dieser Artikel eine Auswahl an süssen und herzhaften Rezepten, die von Flüchtlingen beigesteuert wurden – Gerichte voller Wärme, Feierlichkeit und Gemeinschaft. Ob Sie sich von Gebäck mit Orangenblüten oder von wärmenden Wintergerichten angezogen fühlen: Hier finden Sie etwas, das Menschen verbindet.
Diese Rezepte aus Syrien, Jemen, El Salvador, der Ukraine, Myanmar, Iran und weiteren Ländern sind eine Einladung zu kochen, zu teilen und die Vielfalt der Kulturen zu feiern, die heute unsere Gemeinschaften prägen.
1. Lucilas Guacamole nach salvadorianischer Art – El Salvador
By Lucila Cabrera
Lucila floh vor dem Bürgerkrieg in El Salvador. Jahre war sie von ihrem Mann getrennt, bevor sie in Kanada neu beginnen konnte. Ein Teil dieses Neubeginns war das Wiederentdecken vertrauter Geschmäcker – und diese Guacamole mit hartgekochten Eiern und Feta wurde schnell zum Lieblingsrezept. Sie eignet sich perfekt für festliche Tafeln: frisch, cremig und wunderbar teilbar – ideal mit frischem Gemüse, Chips oder als Vorspeise vor einem Festessen.
Rezept für Guacamole nach salvadorianischer Art
Zutaten & Zubereitung
Für 4–6 Personen
4 reife Avocados
3 Eier
Saft von 1–2 Limetten
225 g zerbröckelter Feta
1 EL gehackter Koriander
1 EL gehackte rote Zwiebel
1 EL fein gehackter Jalapeño (optional)
Zubereitung:
- Eier hart kochen (15 Min.), abkühlen lassen, schälen, fein hacken.
- Koriander, Zwiebel und Jalapeño hacken und in eine Schüssel geben.
- Avocados halbieren, das Fruchtfleisch einritzen und vorsichtig herauslösen.
- Gehackte Eier hinzufügen.
- Feta und Limettensaft zugeben und sanft unterheben, ohne die Avocado zu zerdrücken.
2. Deruny (ukrainische Kartoffelpuffer) – Ukraine
Von Tetyana und Olena
Deruny – aussen knusprig, innen weich – sind ein klassisches ukrainisches Wohlfühlgericht. Tetyana und ihre Tochter Olena fanden nach ihrer Flucht Trost darin, gemeinsam zu kochen und Gerichte zuzubereiten, die sie an ihr Zuhause erinnerten.
Deruny wurden häufig an kalten Abenden zubereitet, wenn Familien zusammenkamen, um etwas Warmes und Einfaches zu teilen. Sie passen wunderbar auf festliche Buffets, da sie leicht zu teilen sind und fast alle sie lieben.
Rezept für Deruny
Zutaten & Zubereitung
Für 4 Personen
600 g geschälte Kartoffeln
1 mittelgrosse Zwiebel
1 Ei
25–30 g Mehl
1–2 g Salz
70–80 ml Pflanzenöl (zum Braten)
120–150 g Sauerrahm (zum Servieren)
Zubereitung:
- Kartoffeln und Zwiebel fein reiben, überschüssige Flüssigkeit leicht ausdrücken.
- Ei, Mehl und Salz hinzufügen und zu einem lockeren Teig mischen.
- Öl bei mittlerer bis hoher Hitze erhitzen.
- Kleine Portionen in die Pfanne geben und leicht flachdrücken.
- 2–3 Min. pro Seite braten, bis sie goldbraun sind.
- Heiss mit Sauerrahm servieren.
3. Kashk e Bamedjan – Iran
Von Nahid
Dieses aromatische iranische Gericht stammt von Nahid, der das Kochen von seiner Mutter lernte, bevor Verfolgung und Vertreibung die Familie auseinandergerissen haben.
Kashk e Bamedjan ist ein klassisches Wohlfühlgericht – zarte Auberginen, die mit Tomaten, Knoblauch und cremigem Joghurt (Kashk) geschmort werden. Es wird oft Gästen mit warmem Brot serviert. Sein warmes Aroma und seine cremige Konsistenz machen es zu einem wunderbaren Gemeinschaftsgericht für die Festtage.
Rezept für Kashk e Bamedjan
Zutaten & Zubereitung
Für 4 Personen
2 grosse Auberginen (ca. 700–800 g)
2 mittelgrosse Tomaten, gehackt
1 Zwiebel (120 g), gehackt
3 Knoblauchzehen, fein gehackt
5 g Kurkuma
5 g schwarzer Pfeffer
5 g Salz
60–80 ml Pflanzenöl
60–80 ml Kashk oder griechischer Joghurt
Frische Minze
Optional: Brot zum Servieren
Zubereitung:
Auberginen schälen, längs schneiden, leicht salzen und 15–20 Min. ruhen lassen.
Trocken tupfen und in heissem Öl goldbraun braten, beiseitestellen.
In derselben Pfanne Zwiebel anbraten, Knoblauch, Kurkuma, Pfeffer und Salz zugeben.
Tomaten hinzufügen und köcheln lassen, bis eine Sauce entsteht.
Auberginen zurück in die Pfanne geben und 15–20 Min. leicht köcheln lassen.
Kashk oder Joghurt einrühren und erwärmen (nicht kochen).
Mit Minze garnieren und mit warmem Brot servieren.
4. Nightingale’s nest (‘Ish El Bulbul) – Syria
Von Tareq Hadhad
Das Rezept für dieses elegante syrische Gebäck, das wie kleine Nester geformt und mit Pistazien gefüllt wird, wurde von Tareq Hadhad geteilt, der nach seiner Flucht aus Syrien ein neues Leben aufbaute und später Peace by Chocolate gründete.
Für Tareq wurden Essen – und besonders Süssigkeiten – zu einem Weg, Gemeinschaft aufzubauen und Freude zu teilen.
Das Nachtigallennest ist ideal für die Festtage: zart, duftend, goldbraun, ein perfektes Dessert zum Teilen.
Rezept für Nachtigallennester
Zutaten & Zubereitung
Für 15–18 Stück
- 15–20 Filoteigblätter
- 450 g Zucker
- 100 g gemahlene Pistazien (oder Baumnüsse/Mandeln)
- 240 ml Wasser
- 180 ml geschmolzene geklärte Butter
- 15 ml Zitronensaft
- 15 ml Orangenblütenwasser
Zubereitung:
Backofen auf 190 °C vorheizen.
Pistazien mit 50 g Zucker mischen.
Sirup zubereiten: 400 g Zucker und Wasser erhitzen, Zitronensaft zugeben und ca. 6 Min. kochen, bis es sirupartig ist; Orangenblütenwasser einrühren.
Zwei Backbleche mit Butter bestreichen.
Ein Filoblatt längs vor sich auslegen, die Hälfte mit Butter bestreichen, längs falten und erneut bestreichen.
Ca. 20 g Füllung entlang der gefalteten Kante verteilen.
Ränder über die Füllung schlagen, längs einrollen und zu einem Nest formen, das Ende darunterstecken.
Wiederholen, bis alle Blätter aufgebraucht sind.
20 Min. backen, bis sie goldbraun sind.
5 Min. abkühlen lassen, dann mit Sirup beträufeln und mit Pistazien bestreuen.
5. Bint Al-Shan (jemenitischer Honigkuchen) – Jemen
Von Zekrah Ameen
Bint Al-Shan ist für Zekrah Ameen ein besonderes Gebäck, da es an ihrer Hochzeit serviert wurde – ein Symbol für Liebe, Feierlichkeit und jemenitische Tradition.
Nach ihrer Flucht teilt sie diesen geschichteten Honigkuchen nun mit neuen Freunden. Weich, blättrig, dezent süss und mit Honig beträufelt ist er ideal für Wintertreffen, bei denen Gäste Schicht für Schicht abbrechen – ein Dessert, das zum Teilen geschaffen ist.
Rezept für jemenitischen Honigkuchen
Zutaten & Zubereitung
Für 4–6 Personen
- 480 g Mehl
- 3 Eier + 1 Eigelb
- 360 ml Wasser
- 170 g Ghee oder geschmolzene Butter
- 10 g Hefe
- 12 g Zucker
- 10 g Milchpulver
- 1,5 g Salz
- 1,5 g Vanille
- Sesam + Honig (zum Garnieren)
Zubereitung:
- Backofen auf 200 °C vorheizen.
- Hefe in 60 ml warmem Wasser aktivieren.
- Mehl und Salz mischen.
- Eier, Zucker, Milchpulver, Ghee, 240 ml Wasser und Hefemischung verquirlen.
- Mit dem Mehl mischen und ca. 15 Min. kneten, bis ein weicher Teig entsteht.
- 30 Min. ruhen lassen.
- In 12–15 Kugeln teilen, weitere 15–30 Min. ruhen lassen.
- Ein rundes Blech (25–30 cm) einfetten; jede Kugel dünn auswallen und schichten, jede Schicht mit Ghee bestreichen.
- Oberseite mit Eigelb + Vanille bestreichen und Sesam darüberstreuen.
- 25–40 Min. backen, bis der Kuchen goldbraun ist.
- Warmen Honig darübergiessen und in Dreiecke schneiden.
6. Ma’amoul mit Datteln und Pistazien – Syrien
Von Aya Wadi
Aya Wadi floh mit ihrer Familie aus Aleppo und eröffnete später mit ihrer Mutter ein syrisches Restaurant.
Ma’amoul – traditionelle Festtagsguetzli, die in kunstvoll geschnitzten Formen geprägt werden – stehen für Gastfreundschaft und Zusammengehörigkeit.
Sie werden zu grossen Festen im gesamten Nahen Osten gebacken und sind eine wunderbare Ergänzung für Weihnachts- oder Neujahrsfeiern.
Rezept für Ma’amoul
Zutaten & Zubereitung
Für 25–30 Stück
Teig:
- 310 g Mehl
- 150 g geschmolzenes Ghee oder Butter
- 240 ml warmes Wasser
- 100 g Puderzucker
- 100 g Zucker
- 4 EL Orangenblütenwasser
- 2 EL Rosenwasser
- Optional: griechische Mastix, Mahaleb
Füllungen:
Pistazienfüllung:
- 200 g Pistazien
- 75 ml Zuckersirup
- 15 g geschmolzenes Ghee
- Etwas Rosen- und Orangenblütenwasser
Dattelfüllung:
- 200 g gemahlene Datteln
Zubereitung:
Mehl und geschmolzenes Ghee mischen und 30 Min. kühlen.
Warmes Wasser und Zucker mischen.
Rosen- und Orangenblütenwasser mit Mastix erwärmen und zum Teig geben.
3–5 Min. kneten und nach und nach Zuckerwasser zugeben.
Teig in 25–30 Kugeln teilen.
Füllungen vorbereiten.
Teig auf 8–10 mm flachdrücken, ca. 1 TL Füllung hineingeben, verschliessen.
In Ma’amoul-Formen drücken, falls vorhanden.
Auf gefettetes Blech legen und 15–20 Min. bei 175 °C backen, bis der Boden leicht goldbraun ist.
7. Duú Fiça – Myanmar (Rakhaing-Staat)
Von Faisal Mohammed
Faisal wurde staatenlos geboren, nachdem seine Familie vor Gewalt in Myanmar fliehen musste.
Im Flüchtlingscamp erfüllte der Duft von Duú Fiça, einem einfachen Kokos-Reiskuchen, der in Stoff gedämpft wird, die Strassen rund um die Moschee.
Heute hilft ihm das Nachkochen dieses Desserts, die Geschichte des Rohingya-Volkes zu erzählen.
Duú Fiça ist leicht, dezent süss und besonders angenehm als sanftes Dessert nach einem reichhaltigen Festessen.
Rezept für Duú Fiça
Zutaten & Zubereitung
Für 2 Personen
- 240 g Reismehl
- 100 g geriebene Kokosnuss
- 200 g Jaggery oder brauner Zucker
- 120 ml Wasser
- 5 g Salz
Zubereitung:
Reismehl mit Salz sieben; Wasser einträufeln, bis kleine, nicht feuchte Klümpchen entstehen. 30 Min. oder über Nacht ruhen lassen.
Dampfgarer erhitzen, bis Dampf aufsteigt.
Musselin- oder Käsetuch anfeuchten.
Reismehl zur Hälfte in ein kleines Förmchen sieben.
¼ Förmchen Jaggery + Kokosnuss dazugeben, mit Reismehl bedecken.
Tuch fest verschliessen und Förmchen kopfüber in den Dampfgarer stürzen.
5–10 Min. dämpfen.
Vorsichtig auswickeln und wiederholen. Vor dem Servieren abkühlen lassen.
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Fotokredite: ©UNHCR/Deirdre Doyle und ©UNHCR/Vipoositha Gnanenthra